5 min read

Wo sehen sie sich in 5 Jahren? - Blog

Gedanken eines Bewerbungsgespräches.
Wo sehen sie sich in 5 Jahren? - Blog

Hallo! Hallo du da draußen, wo auch immer du gerade sein magst.
Es freut mich ungemein, dass du wieder deine wertvolle Zeit opferst um meinen Gedanken zu lauschen. Heute gibt’s mal wieder Philosophie. Allerdings nicht am Morgen, denn es ist bereits 19.18 Uhr.

Ich habe heute dieses Bild beim durchscrollen auf Instagram gesehen. Im Ersten Moment habe ich mich gefragt, was daran denn falsch sein sollte. Das ist doch genau die richtige und ehrliche Antwort auf die Frage, oder? Das sollte doch jeder verstehen.
Ach nee, da war ja was.
Als ich die Reaktion an mir bemerkte musste ich laut loslachen. Ich habe nicht gedacht das ich mich so sehr geändert habe, aber anscheinend habe ich das. Ich habe mich daran erinnert was ich bei meinem Ersten Bewerbungsgespräch auf die Frage geantwortet habe. Falls das jemand liest der damals dabei war, kann ja gerne mal ein Wort dazu sagen, ob ich mich richtig erinnere oder die Zeit mir ein Schnippchen spielt und vor allem ob du heutzutage die Frage genau noch einmal so stellen würdet oder das nur bei jungen Menschen, die eventuell das erste Mal ein Vorstellungsgespräch haben, gemacht wird. Würde mich wirklich interessieren und ich würde mich über eine Diskussion darüber freuen.
Man stelle sich den kleinen Paul mit 23 Jahren vor, gerade die Ausbildung fertig und keine Ahnung vom Leben. Der Anzug war extra für dieses Event gekauft worden und sah noch etwas komisch aus, da er vorher noch nicht getragen wurde.
Super aufgeregt, da das genau der Job war, den er schon immer wollte, machte er sich auf die Socken. Hatte er sich zugetraut so etwas anspruchsvolles und Komplexes zu machen? Niemals. Aber wie soll man jemanden davon überzeugen davon geeignet zu sein, wenn man es selber nicht war? Bevor es los ging saß er im Auto, hörte super laut drei Technosongs um seine Anspannung los zu werden und sich zu sagen, dass das Leben auch weiter gehen würde, wenn er das hier vermasselt.
Bevor er in das Zimmer gerufen wurde, in dem das Gespräch stattfinden sollte, musste er natürlich noch die obligatorische Wartezeit im Vorzimmer absitzen. Personaler haben ja schließlich immer denselben Trick um einen weich zu kochen.
Endlich wurde er hereingerufen und kam in einen Raum mit 4 Männern, alle über 50, und einer Frau, welche sich als Betriebsratsmitglied zu erkennen gab. Die erste halbe Stunde wurde über fachliches und persönliches gesprochen, Stärken, Schwächen und das übliche Trara. Unglaublicher Weise lief es gar nicht so schlecht wie erwartet. Aber kurz vor dem Ende des Gesprächs, kam natürlich noch die alles verheißende Frage: „Wo sehen sie sich denn in 5 Jahren?“. Die Antwort kam prompt, denn er wusste genau wo er in 5 Jahren sein wollte. „Ich hoffe, dass ich dann noch in ihrem Unternehmen sein werde und meine Arbeit so gut gemacht habe, dass ich eventuell eine Aufgabe mit größerer Verantwortung übernehmen darf, eventuell sogar mit Führungsverantwortung.“ Und damit war der Grundstein gelegt.
Noch am selben Tag kam der Anruf, dass Paul den Job bekommen hat und in 2 Wochen anfangen darf. Er freute sich wie ein Schneekönig und ein Schnitzel zusammen.

Und wo war ich nach 5 Jahren? Genau dort wo ich es mir vorgestellt hatte. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt meine Antwort genau das, was ich mir wirklich gewünscht hatte. War ich dort glücklich? Nein. Aber das wusste ich zu diesem damals noch nicht.
Was würde ich heute Antworten, wenn mir jemand diese Frage stellen würde? Irgendwie habe ich mir das in letzter Zeit schon öfter überlegt, wieso auch immer. Meine innere Stimme würde mir sagen: „Mit einem Mojito am Strand, vielleicht Südamerika, vielleicht Indonesien und Sie?“. Oder nicht ganz so offensiv: „Mit einem Mojito am Strand, vielleicht Südamerika, vielleicht Indonesien aber bis dahin würde ich gerne noch ein wenig arbeiten um es mir leisten zu können und meine Erfahrungen weiter auszubauen. „
Das wäre die Wahrheit. Zumindest gerade zu diesem Zeitpunkt. Ob das nächste Woche noch so aussieht? Ich weiß es nicht. Du etwa? Würde ich das allerdings wirklich sagen oder würde ich nur das von mir geben, was man von mir hören will? Das weiß ich leider nicht. Ich bin aber irgendwie der Meinung, dass man schon authentisch antworten muss, da alles andere sonst schnell als „politisch korrekte“ Antwort erkennbar wäre. Und überhaupt: Stellt man solche Fragen heutzutage überhaupt noch? Ist es für den Arbeitgeber wichtig zu wissen wo man in 5 Jahren ist oder dient es nur dazu herauszufinden, ob man den Bewerber in Zukunft mit mehr Arbeit überhäufen kann, als er schafft, und er keinen Ton sagen wird, um sich hochzuarbeiten? Ist diese Frage an sich nicht schon ein wenig provokativ? Könnte man dann als Arbeitnehmer nicht erwidern: „Denken Sie die sStelle, so wie sie diese Ausgeschrieben haben, wird mit denselben Pflichten und Aufgaben in 5 Jahren noch existieren?“ oder „Können sie mir garantieren, dass ich in fünf Jahren im Unternehmen noch benötigt werden?“. Die Antwort darauf wäre eine Lüge oder ebenso genau das, was derjenige hören will. Eine verzwickte Situation also.
Die Andere Frage wäre ob dieses Verhalten nicht mehr über die Unternehmenskultur aussagt als alles andere. Würde ich überhaupt noch in so einem Unternehmen arbeiten wollen, was mir so eine Frage stellt? Ich denke nicht, denn mit der jetzigen Arbeitsmarktsituation hat sich das Blatt nun einmal gedreht und es ist gut, dass erkannt zu haben. Es fehlen Fachkräfte. Überall. Nicht nur in Deutschland und wenn ich sehe, was man wo anders verdient und wie offen und ehrlich das Betriebsklima sein kann und wie sehr Arbeit noch wertgeschätzt werden kann, wüsste ich nicht wieso ich mir das noch einmal antun sollte. Natürlich ist das für mich wirklich leicht gesagt, denn ich bin weder örtlich noch zeitlich an etwas gebunden, ebenso jung, dynamisch und vor allem erfolglos 😉 . Aber trotzdem denke ich, dass jeder eine Wahl hat und das bei allem im Leben, nicht nur bei der Arbeit.
Beim Schreiben dieses Textes überfiel mich ganz heimtückisch eine andere Frage aus dem Hinterhalt: „Warum arbeiten wir überhaupt?“ Da meine Gedanken dazu ellenlang sind und ich „Arbeit“ (als eine ausfüllende Aufgabe gesehen) leider einfach unglaublich sehr liebe, würde ich dazu in Zukunft noch einmal einen Text vorbereiten.
Eigentlich sollte jetzt, genau hier, noch ein Reisebericht kommen. Da ich aber schon tausend Worte über meine eigentliche Einleitung verloren habe wird dafür hier kein Platz mehr sein. Schade.
Ich hoffe du fühlst dich nicht angegriffen durch meine Meinung. Ich würde mich über einen regen Meinungsaustausch freuen. Wie siehst du das? Sollte sowas heute noch gefragt werden? Wie wäre deine Antwort? Das würde mich unglaublich interessieren.
Danke fürs lesen und ich wünsche dir einen wunderschönen Tag.

Liebe Grüße aus Matamata,
Paulgoesworldwide.