Via Francigena mit der Hängematte - Tag 3 - Plateau vor Verrès bis Castello di Castruzzone
Der Tag begann mit einem wunderschönen Sonnenaufgang, den ich mit Blick über die Berge und über die tief unten liegende Stadt, genießen durfte.
Nach einem kurzen Frühstück ging es dann auch wieder los.
Kurzer Fuß Check:
Beide noch dran und sie tun nicht so sehr wie sie sollten.
Sehr gut.
Im ersten Dorf angekommen habe ich zum ersten Mal zwei andere Pilger gesehen. Da war ich ja gleich ein wenig aufgeregt, denn auf dem Camino de Santiago, ist man nur so umringt, von Pilgerscharen.
Falls man den Drang hat mit jemandem zu reden, geht das immer.
Hier allerdings sieht man Tage lang niemanden, der nur im entferntesten Englisch spricht.
Aber so hab ich mir das ausgesucht und irgendwie auch vorgestellt.** Also jetzt bloß nicht beschweren - oder doch?**
Am Anfang liefen sie einfach schnell weiter, doch später traf ich sie nochmal auf einen kleinen Plausch. Es waren Italiener die nur zwei Tagesetappen mit leichten Gepäck absolvieren wollten. Naja. Hier werde ich keine Wanderfreunde finden. Schade. Aber ich werde es überleben.
Heute war Sonntag, was ich natürlich nicht auf dem Schirm hatte.
Da wäre mir doch fast wieder der Supergau passiert.
Um 10 Uhr lief ich freudig motiviert durch ein Dörfchen an einer Kirche vorbei.
Und dann viel es mir wieder ein : Oh Nein, ich bin ein Pilger.
Die denken alle sie müssen mich in die Kirche zum Gottesdienst schleppen.
Ahhhh.
Also habe ich mein ganzes Können und alle Ignoranz zusammen genommen und als mich die Leute vor der Kirche nett dazu bewegen wollten, herein zu kommen, meine Skills - nicken und schnell laufen, angewandt.
In Spanien auf dem Jakobsweg ist mir das einmalpassiert, damals als ich noch ungeübt und jung war, und deshalb die Kirchenvermeidungsskills noch nicht so ausgeprägt waren. Da musste ich mir dann eine Stunde Gottesdienst in Spanisch anhören . O Gott.
Heute ging es 23,9km, davon 602m bergauf und 550m bergab, entlang des Flusses Doro Baltea, entlang vieler Burgen und alter Ortschaften.
Es gab auch wieder viele alte Römerbrücken und Straßen, wovon eine sogar noch im Urzustand erhalten war. Es muss eine sehr sehr holprig Angelegenheit gewesen sein, dort mit dem Wagen entlang zu schaukeln.
Eine Ortschaft ist mir besonders im Kopf geblieben. Sie nennt sich Bard. Hier konnte ich einen Stempel ergattern. Außerdem befindet sich dort eine alte Burg, welche im 18 Jh. dazu genutzt wurde, um Napoleon, der sich schnell Turin einverleiben wollte, zu stoppen. 40.000 französische Truppen wurden hier von 426 Verteidigern aufgehalten. Wie sowas geht ist mir schleierhaft. Aber es ist wohl eine schwierige Angelegenheit so eine Burg zu stürmen, oder nur daran vorbei zu schleichen.
Später ging es noch durch Gegenden, wo der Weinanbau noch auf traditionelle Weise durchgeführt wird. Dabei ist der Wein auf Gestellen über Kopf, und nicht in Reihen angeordnet. Das hat den Vorteil, dass man darunter noch anderes Gemüse Pflanzen kann. Platzsparen war damals schon wichtig.
Danach war es wieder Zeit ein Nachtlager zu finden, welches ich nach einem beschwerlichen Aufstieg, mitten im Wald, nahe einer Burg, mit wunderbarer Aussicht, errichtete.
Die Hängematte war schnell aufgebaut, das Essen schnell gekocht und ich war gegen 9 bereits am Schlafen.
Eine Stunde später, wachte ich durch komische Geräusche, zirka zwei Meter neben mir auf.
Ein grunzen, zwei, vielleicht 5.
Puls auf 200, hingesetzt.
Handy in den Händen geklammert und erst einmal geschrienen, so etwa 5 Minuten am Stück, bis ich sicher war das das grunzen weit weg war.
Ich garantiere euch das die Wildschweine noch mehr erschrocken sind als ich. Oder vielleicht auch nicht. Ich wollte eigentlich am liebsten zusammen packen, weinen und mich direkt in eine Ecke verkriechen. Aber das war auch keine Option.
Nach einer halben Stunde, hatte sich mein Puls wieder auf ein halbwegs lebensfähiges Level eingestellt. Direkt, das Telefon raus und gegoogelt, wieso Wildschweine plötzlich neben einem stehen. Ich dachte das passiert nicht.
- Tipp 1: Wildschweine sind sehr scheu, sobald sie einen Menschen riechen machen sie immer einen großen Bogen um sie. Es sei denn der Wind kommt aus der Richtung, aus der sich die Schweine nähern. - aha Problem erkannt. Es war super stürmisch.
- Tipp 2: Falls es doch passiert, dass sie zu nahe kommen, auf KEINEN Fall, irgendetwas tun was sie erschrecken könnte, wie schreien, klatschen oder pfeifen - Ahhhhha - alles genau richtig gemacht.
- Tipp 3: Um es den Wildschweine leichter zu machen einen zu riechen, und dann weit entfernt zu bleiben, sollte man aus der Richtung des Windes, entlang des Lagers urinieren. Oder durchgehend laute Geräusche von sich geben.
Da ich nicht die ganze Nacht singen oder mich mit mir selber unterhalten wollte, blieb nur noch Lösung 1.
Und so begann es, nach drei Tagen campen, das ich mich anfing wie ein Hund zu verhalten.
Wow. Ich dachte das würde noch eine Woche länger in Anspruch nehmen.
Aber dennoch. Nichts passiert, viel gelernt. Eine gute Nacht, oder auch nicht.