Roadtrip durch Australien - 90 Mile Beach

Wieder ging es zu Fuß zurück entlang der schönen Küste um unser Auto zu erreichen. Die Sonne strahlte immer noch über uns und der Weg schlängelte sich, wie eine australische Schlange entlang der Felsen. Nach einem kurzen Halt an den Klippen waren wir auch schon wieder beim Auto. Barts Freund berichtete uns von einem kleinen Walk, welchen er noch machen wollte und fragte uns, ob wir auch Lust haben mitzukommen. Dieser Track befand sich ganz in der Nähe von dem Punkt, an dem wir unsere Autos parkten. Der Name des Weges war "Prom Wildlife Walk". Der Name sollte Programm sein.
Nach kurzer Fahrt erreichten wir eine unscheinbare Einbuchtung am Wegesrand und ich dachte mir so: "Was soll das denn bitte sein?". Aus dem Auto ausgestiegen kamen die ersten Begeisterten bereits vom Weg zurück und teilten uns mit, dass wir atemberaubende Tiere sehen werden, wenn wir nur wenige Meter weiter laufen würden. Ich schaute mich an der Stelle um und außer Busch war dort einfach nichts. Also schlugen wir uns ein paar Meter durch den Busch und plötzlich standen sie genau vor unserer Nase.

Als erstes eine Herde von Kängurus, dann auch ein kleines Wombat. Des Weiteren konnte man überall Emus und Wallabys erblicken. Ich sprang ganz aufgeregt durch die Gegend. Die Sonne ging langsam am Horizont unter und ließ die Geschöpfe in einem strahlenden Glanz erstrahlen. Wow. Einfach nur wow. Wir pirschten uns, halb im Kriechen, an unser jeweils ausgewähltes Lieblingstier heran. Die Auswahl war wirklich riesig. Insgesamt waren dort bestimmt 200 Kängurus und Wallabys sowie 10 Emus. Das Wombat kam ganz heimlich an uns herangeschlichen und war dann plötzlich da. Einfach neben uns. Man konnte so nah an die possierlichen Tierchen heran und das in wirklich freier Wildbahn, ohne Eintritt zu bezahlen. Unglaublich.
Die Bilder, die ich gemacht habe, habe ich mit meinem Telefon aufgenommen. Kein Zoom. Es war nicht einmal eine Armlänge Abstand zwischen uns.

Nach zirka einstündiger Begeisterung mussten mich die beiden von meinen neuen Freunden trennen. Ich wollte noch nicht gehen, aber in der Gruppe muss man sich halt unterordnen und Kompromisse eingehen. Das ist in Ordnung, aber für mich manchmal auch sehr schwer. Zu Hause ist das nicht ganz so schlimm, denn ich weiß, wenn es mir zu viel wird oder ich von irgendetwas so fasziniert wäre, könnte ich einfach alleine weitermachen. Hier hat man diese Option nicht und das erzeugt eine Art von Druck. Ich glaube, ich bin ein Mensch der Konfrontationen gern aus dem Weg geht, außer sie sind unvermeidbar. Unterordnen fällt aber ebenso schwer. Deswegen ist mein Fluchtreflex extrem ausgeprägt. Falls mir etwas nicht passt, gehe ich. Dieser ist aber in solchen Situationen eingeschränkt, denn ich bin auf die jeweilig andere Person angewiesen. Ich will schließlich nicht ohne Zelt alleine im australischen Busch schlafen. Auch bin ich ein Mensch, der immer versucht einen Plan B zu haben. Aber hier hatte ich keinen, falls etwas schiefgehen würde.
Ich denke aber auch, es ist extrem wichtig, sich selbst in Situationen zu bringen, die einem in gewisser Hinsicht unangenehm sind und sein Verhalten dabei zu studieren. Ich kann meine Gefühle analysieren und weiß, warum ich etwas so mache und dass es eigentlich keinen Sinn macht. Nur so kann man ein besserer Mensch werden, als man ist. Man kann ja auch einfach mal das machen, was die anderen möchten ohne sich irgendwie auf den Schlips getreten zu fühlen oder nicht? Dabei hilft mir Reisen so viel, denn es ist viel leichter in solche Situationen zu geraten. Dafür bin ich so unendlich dankbar!

So aber genug über mich geredet. Wir fuhren dann weiter. Es sollte zum 90 Miles Beach gehen. Das waren noch knapp 200 Kilometer, da beide ein Ziel hatten und dort ankommen wollten. Das ist auch der Grund, weswegen sie so viel fuhren. Der polnische Freund musste zwei Tage später bereits 500 Kilometer entfernt einen Job antreten und wollte vorher noch auf den höchsten Berg Australiens. Das war auch noch ein gutes Stück weg. Dort sollte ich mit Bart auch noch ankommen.
Wir fuhren also los und die Sonne war gerade untergegangen. Die letzten Rottöne der Dämmerung, erhellten den Horizont. Es sah wirklich schön aus.
Es war das erste Mal, dass Bart nachts Auto fuhr und ich habe schon viele Geschichten über das Fahren bei Nacht in Australien gehört.
Nach einer guten halben Stunde verließen wir den Highway und es ging auf kleinen Nebenstraßen weiter. Also kleine Nebenstraßen in australischen Verhältnissen. Man kann es nur sehr schwer beschreiben. Es war eine einspurige Asphaltstraße durch Felder, eher ein Wirtschaftsweg. In Deutschland kann man auf diesen vielleicht 5, manchmal 10, Kilometer fahren. Hier fuhren wir aber 150 Kilometer ohne eine Brücke, ein Licht oder gar ein Auto zu sehen. Es war sowas von neu für mich. Die Weite des Landes wurde mir in diesem Moment wieder bewusst. Wir hörten laut Musik und ich sah schon, dass Bart nicht so richtig bei der Sache war. Das Licht des Autos verdiente die Bezeichnung Licht auch nicht wirklich. Die Scheinwerfer waren extrem ausgeblichen. Ich versuchte ihn immer ein wenig zu unterhalten, da wir wirklich schon lange auf den Beinen waren und es bei Fahranfängern immer so eine Sache ist, mit dem Fahren bei Nacht.
Just in diesem Augenblick knallte es und eine Känguruherde sprang voller Elan in das Blickfeld des Autos. Da diese genauso erschrocken waren wie wir, sprangen sie völlig hilflos durch die Gegend. Er konnte noch bremsen. Keine drei Minuten später passierte das Gleiche nochmal mit einem anderen Ausgang. Eins sprang uns voll in die Seite, eins hat das Auto in der Front mittig getroffen.
Wir waren panisch. Wie weit war wohl die nächste Ortschaft entfernt um Hilfe zu holen? Zu weit wahrscheinlich. Wir stiegen aus, aber das Auto hatte außer einer Delle nichts. Eins der Kängurus lag weit entfernt leblos im Straßengraben. Das tat mir sowas von Leid, aber was will man machen? Die restliche Fahrt war dann nicht mehr so spaßig und Bart die ganze Zeit unter voller Konzentration.
Nun verstand ich, weshalb die Australier Bullenfänger an ihren Autos haben. Es ist nicht so wie zu Hause, dass man einmal im Jahr ein paar Wildschweine auf der Straße sieht und die dann oft ausweichen. Nein, hier hüpfen einem auf 100 Kilometern, drei bis vier einfach ins Auto. Keine Chance, etwas zu tun, außer nachts das Auto stehen zu lassen. Was ich dann auch empfahl, aber beiden egal war.
Nach einer guten weiteren Stunde voller Schrecksituationen und kreuzenden Kängurus und auch Koalas erreichten wir unser Ziel. Es war stockfinster. Der Zeltplatz sollte an einem Strand liegen, aber man sah nur Busch und ein paar Autos weit und breit. Wir fuhren erst in die falsche Einfahrt und mussten umkehren. Da wir mit zwei Autos unterwegs waren und der Freund vor uns stand, sollte Bart rückwärtsfahren. Aber er verwechselte aufgrund seiner Erschöpfung irgendwie die Gänge oder die Pedale oder was weiß ich. Jedenfalls heulte der Motor auf, es gab einen Ruck nach vorne und wir rammten das Auto des anderen Polen. Zum Glück hatte Bart noch irgendwie gebremst, sodass es eher ein Stupser war, als ein Rempler. So ein Glück muss man erstmal haben. Ich war wirklich ein bisschen wütend nach dieser Situation. Deshalb schrie ich, dass ich das Auto jetzt parken werde. Was ich dann auch tat. Die erste Fahrt in einem Rechtslenker. Jippie. Erschöpft schlugen wir dann unser Lager auf, kochten etwas zu essen und unser polnischer Freund machte noch ein kleines Feuer.

Und das war es auch schon wieder für heute. Wie es weiter ging und ob die Stimmung am Boden war oder nicht, erzähle ich dir das nächste mal. Liebe Grüße und vielen Dank, sagt

Paulgoesworldwide.