Hoch Hinaus - Wandern im Grampiens National Park
Am nächsten Morgen stand ich gut erholt auf. Die Unterkunft war wirklich sehr schön. Die meisten Menschen blieben nur einen Tag dort. Warum weiß ich auch nicht so genau, aber sie waren oft auf der Durchreise oder wollten nur einen Tag wandern oder so etwas Ähnliches. Deswegen hatte ich meistens das ganze Anwesen ab 8 Uhr morgens für mich allein. Deshalb konnte ich ausgiebig frühstücken und auch mal bis 11 Uhr im Bett faulenzen. Jippieeee. Am Abend hatte ich noch einen längeren Plausch mit einem Inder und seiner Frau, welche nach Australien gekommen sind um zu arbeiten. Beide waren IT-Fachkräfte im Bereich der Automatisierung. Er arbeitete für Telstra, dem größten Telekommunikationsunternehmen in Australien und so konnte ich mir auch einige Geschichten über den australischen Telekommunikationsmarkt anhören. Spannend. Da der Netzausbau dem Staat zu langsam voran ging, haben diese 2007 das eigene staatliches Unternehmen NBN gegründet, um dem größten Player Konkurrenz zu machen und den Netzausbau zu beschleunigen. Natürlich gab es dabei viele Probleme, aber das sowas überhaupt geht, ist erstaunlich. Ich denke in Deutschland ist das unvorstellbar. Ich kann natürlich nichts über die Ausführungen sagen. Vielleicht gibt das Unternehmen einfach große Aufträge an die anderen großen Netzbetreiber weiter. Aber der Schritt ist meines Erachtens trotzdem erst einmal der richtige. Weg vom Mehrfachausbau hin zum Einfachausbau um keine unnötigen Ressourcen zu verschwenden!
Heute wollte ich einmal eine richtige Wandertour machen. Mit richtigen Wegen und richtigen Pfaden, welche dann vielleicht sogar schlussendlich irgendwo oben ankommen. Und obwohl es mir sehr schwer fällt und ich auch in dem Moment nicht so wirklich wahrhaben wollte, dass es unter Umständen sinnvoll sein könnte, fragte ich die Besitzerin des Hostels um Rat und lies mir den Weg zeigen. Schlecht für´s Ego, gut für´s Ergebnis. Der Weg war so bekannt und begehenswert, dass er sogar eine Website hat, welche ich dir nicht vorenthalten möchte.
Also nichts wie los. Nach den ersten sieben Schritten begann es in Strömen zu regnen. Kein Problem, der Paul ist doch vorbereitet auf alle Eventualitäten, dachte ich mir allerdings wahrscheinlich eher in der Ich-Form. Wobei es sehr gut ist in der dritten Person über sich selbst zu denken, allerdings definitiv nicht zu sprechen, denn dann wirkt man auf seine Gesprächspartner vielleicht ein wenig socially awkward. Aber darüber werde ich eventuell ein anderes Mal schreiben.
Worauf ich hinauswollte: Ich war nicht so sehr vorbereitet wie erwartet. Ich packte meinen tollen, neuen, teuren und extrem leichten Poncho aus und ja, der ist echt richtig beschissen. Man könnte sich sozusagen auch einfach einen Müllbeutel quer über das Gesicht hängen und hätte durchaus einen besseren Regenschutz als mit diesem. Aber gut, dass ich das hier getestet habe und nicht bei einer richtigen Wanderung. Da man den auch als Plane verwenden kann dachte ich mir zu diesem Zeitpunkt, dass ich ihn dann dafür verwende. Das versuchte ich später. Er ist eine genauso gute Plane ist, wie er als Regenschutz dient. Hervorragend.
Ich würde also heute nass werden. Aber hey, immerhin ein richtiger Weg. Also ging es an den Aufstieg. Treppen über Treppen schlängelten sich den Berg hinauf. Die Landschaft wurde Regenwaldähnlich, war aber immer noch größtenteils verbrannt, und die Aussicht war trotz der Wolken richtig cool. Nach ein paar Kilometern wandelte sich das Gebiet in ein Steinmeer.
Das sah super cool aus. Wo es vorher vorbei an Bäumen und durch schlammige Abschnitte ging, ging es später nur noch über Felsen. Plötzlich steht man dann an einem Abgrund, an dem es zirka 600m gerade vor einem nach unten geht. Damit habe ich in dem Moment nicht gerechnet und war überwältigt und auch ein wenig geschockt. Ein bisschen deutsch bin ich halt doch noch und hätte eventuell mit einem Geländer gerechnet. Ohne ist es natürlich 400-fach toller.
Oben waren dann auch unglaublich viele Menschen anzutreffen, weshalb ich mich fragte, wie die denn alle hier hochkommen sind. Ich fand es kurze Zeit später heraus. Der Parkplatz war von diesem Ort nur 2 Kilometer entfernt und deswegen turnten dort unglaublich viele frisch geduschte Menschen mit Regenschirmen und weißen Sneakern herum. Das ärgerte mich in diesem Moment wie verrückt, denn ich musste hier hochlaufen. Aber musste ich wirklich? Oder wollte ich? Hätte ich nicht auch einfach trampen und eine Mitfahrgelegenheit finden können? Ja, definitiv hätte ich das gekonnt, aber ich will nun mal wandern und sollte mich definitiv nicht darüber aufregen, wenn es andere anders machen als ich. Menschen sind nun mal so, wie sie sind. Jeder hat andere Vorlieben und macht es anders. In einer guten Welt sollte man das akzeptieren und vor allem nicht nur sagen, dass man es akzeptiert, sondern auch fühlen. In dem Moment dort oben sagte ich es zu mir, ich denke, jetzt, gerade beim Schreiben, akzeptiere ich es. Das sind zwei komplett unterschiedliche Paar Schuhe.
Ich suchte mir eine kleine Felseinkerbung um den nächsten Regenschauer abzuwarten und dann ging es auch schon wieder abwärts.
Allerdings zog sich das alles noch ein paar Kilometer vorbei an Menschen, diesmal sogar mit Drohnen und richtig schönen Landschaften. Langsam wurde das Wetter wieder besser. Blauer Himmel zog auf, es wurde warm, ich war zu weit vom Parkplatz entfernt und deshalb verschwanden auch die Menschen und mich störte nichts mehr. Ich konnte den Geruch von nassen Holzspänen, welche gerade trockneten, den kompletten Weg hindurch aufnehmen und liebte es. In solchen Momenten findet man immer die besten Plätze. Besser gesagt, die Plätze fühlen sich dann nach guten Orten an und so als ob man schon immer dort sein wollte. Wie immer im Leben kommt es einfach auf seine eigene momentane Verfassung an, ob man etwas liebt oder eben nicht. Man kann am schönsten Ort der Welt sein und garnichts spüren. Man kann aber auch in der tristesten, grausten Einöde, zum Beispiel Neuruppin West, den schönsten Ort der Welt finden, wenn man gerade dafür bereit ist. Diese Erkenntnis muss man nur erst einmal gewinnen. Ich durfte das auf meinem ersten Jakobsweg erleben, als ich irgendwo im dunkelsten Wald, bei strömenden Regen, meine besten und einschneidensten Erlebnisse hatte und der Ort, ohne Aussicht ohne Flair, nur nass und schlammig, mir immer in Erinnerung bleiben wird.
Ich kam also auf einem Felsvorsprung an und hatte genau das Gefühl am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, zu sein.
Nach längere Zeit des Verweilens ging es weiter nach unten zur Talsperre, welche man auf den vorigen Bildern sehen konnte und dann zurück Richtung Hostel.
Auf dem Weg sah ich noch ein paar wilde Emus. Ich dachte erst, es handelt sich um ausgebüchste Strauße, aber nein, das sind Wildtiere in Australien. Höchstinteressant.
Und damit war es das auch schon fast wieder mit dem Tag. Abends traf ich noch Bart. Aber das würde für die heutige Geschichte den Rahmen sprengen.
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Danke und liebe Grüße, immer noch aus Hanmer Springs. Ich konnte heute viel schreiben denn es regnete den ganzen Tag. Auch mal wirklich cool, obwohl hier langsam Winter wird. Aber ja, ihr werdet das vielleicht alles noch erfahren.
Einen tollen Tag wünscht,
Paulgoesworldwide