Die Geschichte von Ada - Rückblick
Sie sah sich selbst als sie noch sehr jung war, vielleicht 11 oder 12 Jahre alt, vor ihrem inneren Auge. Sie turnte mit ihrer Jugendfreundin neben einem Gebäude. Es war ein altes Schwimmbad, nicht weit von ihrem Haus entfernt. Ihre Freundin, ihr Name war Jane, und sie, spielten Verstecken. Es war eines ihre Lieblingsbeschäftigungen zu dieser Zeit.
„3,2,1, ich komme“, schrie Ada, bevor sie sich langsam in Bewegung setzte. Sie setzte achtsam einen Fuß vor den anderen, die Augen ein wenig zusammengekniffen, damit ihr ja nichts entgehen konnte. Sie befand sich in einem großen, verlassenen Gebäude. Vor ihr lagen mehrere große Pools und baumhohe Säulen. Die alten Bassins, mit ihrem türkisblauen Aussehen, waren tief und vom Chlor ausgeblichen. Obwohl kein Wasser mehr darin war, machten sie immer noch den Eindruck, als ob man darin schwimmen und wirklich nass werden konnte. Über ihr befand sich eine Glasplattform, auf der früher einmal der Bademeister seine Wacht abhielt. Bei diesem Anblick konnte sie die Wasserspiele der Vergangenheit förmlich hören. Weiter hinten war eine kleine Felsformation über einem Wasserbecken zu erkennen, indem die Gäste früher bei warmen Wasser entspannen konnten. Jetzt wirkte alles sehr unwirklich und hatte etwas Magisches an sich. Deswegen liebte sie diesen Ort. Hier konnte sie ihre Fantasie streifen lassen. Andere sagten, dass sie es hier unheimlich fänden. Doch sie und Jane endeckten in jeder Ecke etwas Fantastisches wenn sie sich nur die Zeit zum Hinschauen nahmen. Manchmal war die Grotte die Höhle eines Drachen und die Säulen versteinerte Bäume. Manchmal war der Sprungturm der Thron eines alten Königs und die Glasfassade ein Tor in eine andere Welt.
Ada schaute sich intensiv in den ersten beiden Becken um, doch dort war niemand zu sehen. Vor ihr thronte ihr absoluter Lieblingsplatz: Eine riesige Rutsche aus bröckelndem Plastik, mit dunkelgrünem Anstrich. An den Seiten schlängelte sich eine Wendeltreppe entlang der Stütze, welche in der Mitte, die dinosaurierhafte Konstruktion stützte. Sie kletterte ein bisschen nach oben, um einen besseren Überblick zu bekommen und so ihre Freundin aufzuspüren. Die hell strahlende Sonne spiegelte sich in den Fliesen der leeren Pools und blendete sie, sodass sie eine Hand vor ihre Augen nehmen musste um etwas zu erkennen. Nachdem sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, ließ sie ihren Blick nach draußen durch die riesige Glasfassade, welche die Außenwand des Hallenbades darstellt, gleiten. Sie kam sich vor wie in einer Glaskugel, in welcher die Zeit still stand. Draußen waren die hellgrünen Wiesen mit den kleinen weißen Punkten, die Schafe verkörpern sollten, von Weitem zu erkennen. Näher war nur das kleine Wäldchen, in welchem sie auch zu gerne spielten. Dort wollten sie ein Baumhaus bauen. Das haben sie sich fest vorgenommen.
Da sie drinnen kein Lebenszeichen ihrer Freundin wahrnahm, kletterte sie wieder hinunter und machte sich auf den Weg nach draußen. Sie schlüpfte durch ein kleines Loch im Mauerwerk, das vermutlich durch einen umfallenden Stahlpfeiler entstand. Die Fliesen an dieser Stelle hatten eine andere Färbung als überall sonst in der Halle. Sie waren hier rot und dunkelblau. Die Beiden versuchten schon immer herauszufinden, warum. Doch bis jetzt gab es keine Antwort darauf. Vielleicht durften sich dort die Bauarbeiter austoben. Vielleicht waren auch die anderen Fliesen zur Neige gegangen. Ada wusste es nicht.
Draußen angekommen sah sie die kleinen braunen Hütten mit eingefallenem Spitzdach. Sie waren früher wahrscheinlich Saunen. Diese waren aus schweren, großen Stämmen im finnischen Stil zusammengebaut worden. Aber man sah, wie die Zeit bereits an ihnen nagte. Moos bedeckte die meisten von ihnen und einzelne Seiten begannen bereits zu modern. Das war fremd für Ada, denn sie konnte sich noch genau daran erinnern, wie sie immer mit ihrem Großvater die Bauarbeiten überwachte.
Plötzlich kam Jane hinter einem alten Häuschen hervorgesprungen und rannte auf sie zu, um sie liebevoll umzuwerfen.
„Was brauchst du denn solange? Da wird einem doch langweilig.“, sagte sie in einem milden Ton.
„Wenn du dich nicht an die Regeln hältst, dauert es halt länger. Hättest du dich drin versteckt, wie abgemacht, hätte ich dich schon zehn Mal gefunden.“
„Hätte, hätte Fahrradkette.“, erwiderte Jane. „Das musst du erstmal beweisen. Und du weißt doch: Wenn man sich an Regeln hält, gewinnt immer der, der sie macht.“
„Bliblablubb.“, war Adas Antwort darauf.
Sie schubste Jane, sodass beide ins Gras vielen. Ein jauchzen ertönte und sie rauften ein wenig, bis beide auf dem Rücken, in den Himmel blickend, dalagen.
Mal wieder kein Reisebericht sondern etwas selbst geschriebenes. Was hälst du davon? Gefällt es dir?
Danke für´s Lesen-
Paulgoesworldwide